Winzerin Lisa Edling prüft ihren Cabernet Blanc

In einer dreiteiligen Serie zeigt die Roßdörfer Winzerin Lisa Edling, welche Arbeiten nach der Traubenlese im Keller anstehen. Vom Abstechen der Jungweine über das Säuern und Entsäuern bis zum Schönen und Filtrieren erklärt Edling, wann und warum sie die entsprechenden Schritte durchführt – und auch warum sie auf einige Dinge verzichtet.

Vom Abstechen und Lüften

Jeden Tag geht Lisa Edling in den Keller und überprüft ihre Weine. An einem Tag wird nach den Weißweinen am nächsten Tag nach den Rotweinen geschaut. „Im Moment ist es schon sehr spannend im Keller“, sagt sie. „Am Anfang sind die Weine hefetrüb und man hat beim Testen noch einen sehr gärigen, brotigen Geschmack. Den hat man auch noch wenn man etwas unten vom Probierhahn entnimmt,“ sagt sie. Aber die Weine haben nun angefangen, sich von oben herab zu klären. Und wenn man oben eine Probe aus dem Spundloch herausholt, hat man bereits einen klaren Wein vor sich. „Hier kann ich jetzt schon erkennen, was er an Aromen mitbringt und wie der fertige Wein einmal schmecken wird,“ freut sie sich.

Seit der Lese ist schon viel passiert, Hefen wurden zugesetzt, es wurde geschwefelt und bei fast all ihren Weinen ist die Gärung nahezu abgeschlossen. Jetzt ist es Zeit, die Jungweine abzustechen. Das heißt, der geklärte Wein, der sich im oberen Bereich der Tanks befindet, wird vom Bodensatz mit den toten Hefezellen und noch ungelösten Teilen vom Fruchtfleisch getrennt. Diese Woche sind die Weißweine Riesling und Scheurebe dran, die dann später als Cuvée unter dem Namen „Olivin“ in die Flaschen kommen. Nach dem Abstich stabilisiert Edling die Weine noch einmal mit Schwefel, damit sich mikrobiell keine Hefen oder Bakterien bilden und auch keine Oxidation stattfinden kann. „Oxidation würde zu Fehltönen im Wein führen, die wollen wir natürlich nicht haben“, erklärt die Winzerin.

Für diese Arbeit gibt es keine Zeitvorgabe, bei jeder Rebsorte, jedem Tank muss der Zeitpunkt für die folgenden Arbeitsschritte individuell überprüft und vorgenommen werden. So sind etwa die Burgunderweine gerade in einer anderen Entwicklungsphase. Bei Grauburgunder, Chardonnay und Weißburgunder wird das Hefedepot aktuell noch einmal aufgerührt, um dem Wein später mehr Körper und Fülle zu verleihen. Trotzdem hat eine Probenentnahme aus dem Spundloch gerade ergeben: „Der Chardonnay wird toll. Reife Aromen, an Aprikose erinnernd kann ich jetzt schon feststellen. Auch der Merlot Rosé schmeckt schon richtig kräftig nach Himbeere“, sagt Edling.

„Sorgenkinder“ gibt es im Weingut Edling gerade nicht, nur der Kerner entwickelt sich anders als gedacht. Das Lesegut mit vollreifen, goldgelben Früchten hatte große Erwartungen und Vorfreude geweckt. Jetzt ist Lisa Edling von der Aromatik ein bisschen enttäuscht, testet den Wein täglich und meint: „Er wirkt noch reduktiv und verschlossen. Das kann sich noch ändern und wenn nicht, werde ich ihm auf die Sprünge helfen und etwas lüften“.

Die Roten kommen ins Fass

Eine Lieferung Holzfässer ist beim Rossdörfer Weingut Edling angekommen und zwar Holzfässer aus fränkischer Eiche. Lisa Edling wählt für ihre roten Rebsorten Eichenfässer verschiedener Herkunft aus. Spätburgunder reifen auch klassisch in französischer Eiche, die Röstaromen abgibt, Cabernet Mitos und die Cuvées profitieren von den vanillig-karamelligen Aromen der amerikanischen Eiche. Cabernet Sauvignon und Merlot dürfen sogar in Eichenfässern aus Rossdorf reifen. „Die geben Mokka- und Kaffeenoten ab“, meint Edling. Mit den neu angelieferten Fässern aus dem Spessart hat sie schon vor zwei Jahren Erfahrungen gesammelt. Deshalb lagert sie ihren Spätburgunder auch wieder in die Neuankömmlinge um. Dieses Mal aber in 300-Liter-Fässer statt in 225-Liter-Fässer. Für Edling verbindet die Nutzung von lokalem Holz zwei für sie wichtige Aspekte: einmal die Nachhaltigkeit durch die kurzen Lieferwege und die sensorische Komponente.

Die Fässer sind passgenau auf dem Weingut eingetroffen, denn die Rotweine sind jetzt bereit für das Umpumpen. Edling setzt für ihre Rotweine auf eine klassische Maischegärung im Edelstahlbottich. Dort wurde die Maische nach Zugabe der Hefen während der alkoholischen Gärung immer wieder aufgerührt. Bei der zweiten Gärung, der malolaktischen, früher biologischer Säureabbau (BSA) genannt, wird Äpfel- in Milchsäure umgewandelt. Dabei hilft auch eine gleichmäßige Temperatur zwischen 20 und 22 °C. In den letzten Wochen hatte Edling die Gärung ständig mithilfe eines Mini-Labors kontrolliert. „Bevor ich den Wein testen kann, entfärbe ich den Rotwein mit Kohle. Der ist dann so hell wie Wasser. Dann setze ich das Teststäbchen für Äpfelsäure ein“, erklärt Edling. Das Teststäbchen taucht sie dann in den entfärbten Wein und legt es in das Gerät. „Schon nach fünf Minuten weiß ich dann, ob noch Äpfelsäure im Wein vorhanden ist oder nicht.“ Wenn keine Äpfelsäure mehr vorhanden ist, ist der Rotwein bereit für Abstich und Schwefeln. „Wir wärmen den Wein dann aber noch einmal bis zu drei Wochen, das hat den Vorteil, dass der Wein sensorisch mehr Fülle bringt und beim Abstechen gut die Kohlensäure entweicht“.

Was nach dem Schwefeln passieren kann, nennt sich Böckser und lässt Weinfreunde erschauern. Der Weinfehler äußerst sich durch Geruch nach faulen Eiern, Knoblauch, Zwiebeln oder eben dem namensgebenden Ziegenbock. „Damit das nicht passiert, schwefele ich die Rotweine später, damit sich die sonst eher nicht erwünschte Kahmhefe entwickelt. Sie bildet eine Grenzschicht zwischen Wein und Luft und verstoffwechselt Alkohol und eben auch organische Säuren“, so Edling. Diese Schritte, inklusive des Umlagerns in die Holzfässer haben nun fast alle Rotweine hinter sich. Ein Spezialfall ist der Cabernet Sauvignon. Der wurde schon gleich zu Beginn ins Holzfass gelegt, gärt langsamer und weist noch etwas Äpfelsäure auf. „Dem Cabernet tut Reife gut und er bleibt auch nach der Gärung noch 18 Monate im Fass, damit wir keine grünen Noten, sondern einen richtig kraftvoll-aromatischen Wein haben“, so Edling.

Das Warten lohnt sich

Während einige Winzer den 2020er Jahrgang schon auf die Flasche gezogen haben, ist Lisa Edling noch damit beschäftigt, den Inhalt ihrer Tanks und Fässer zu kontrollieren. „Wenn es nach unseren Kunden ginge, würde ich jetzt schon bald den neuen Jahrgang verkaufen“, sagt die Roßdörfer Winzerin. Edling versucht, so wenig Einfluss auf den Wein zu nehmen, wie möglich. Deshalb haben ihre Weine auf jeden Fall noch bis Anfang des nächsten Jahres Zeit, zu reifen. „Wenn man Wein jetzt schon verkaufen will, der auch optisch ansprechend ist, muss man mehr Schönen. Einige Winzer machen das mit Zusätzen wie Gelatine. Wir warten einfach ein bisschen länger“, sagt sie.

Im Moment ist Edling dabei, den Säuregehalt ihrer Weine einzustellen. Einigen Weinen tut noch etwas Säure gut, bei anderen dagegen denkt sie ans Entsäuern, um die Weine harmonisch zu gestalten. „Die ersten Weine dieses Jahrgangs wie Frühburgunder, Dornfelder oder Müller-Thurgau hatten sehr wenig, Riesling und Spätburgunder hatten eine gute Säure. Da bin ich am überlegen, etwas wegzunehmen“, sagt Edling. Das Entsäuern der Weine ist immer erlaubt, die Erlaubnis für das Zusetzen von Säure muss jährlich von den Bundesländern genehmigt werden. Es geht dabei um den Ausgleich von extremen klimatischen Bedingungen wie Hitze und Trockenheit. Auch der damit verbundene hohe pH-Wert spielt eine Rolle: „Durch das Säuern mit Wein-, Äpfel- oder Milchsäure senken wir den ph-Wert und sorgen für einen mikrobiell stabilen Wein“, so Edling. Damit die Vorgänge nachvollziehbar sind – auch für das Weinbauamt, führt Lisa Edling „Stoffbücher“. „Da trage ich alle Arbeitsschritte ein und was ich dem Wein zugefügt habe.“

Die nächsten standardmäßigen Arbeitsschritte, die auf die Winzerin noch zukommen, sind das Schönen mit Bentonit und das Filtrieren der Weine. Nach der Zugabe von Bentonit, einem Tonerdmaterial, setzt sich das Eiweiß am Boden ab und der Wein ist dann klar. Sogenannte „Spätfüller“, die ihren Weine erst im Juli oder August auf die Flasche bringen, können laut Edling oftmals ganz auf das Schönen verzichten, da das Eiweiß da schon häufig von selbst ausgefallen ist. Für Edling ist das aber keine Alternative, auch weil sie teils noch Korkverschluss nutzt: „Mit Kork kann es noch eher passieren, dass es Trübungen und Schlieren in der Flasche gibt. Wer das einmal gesehen hat, weiß, dass man den Wein so nicht verkaufen kann.“

Damit die Weißweine richtig klar sind und auch keine spontane zweite Gärung entsteht, müssen sie zwei unterschiedliche Filtrationen durchlaufen. So wird dafür gesorgt, dass sich absolut keine unerwünschten Hefen oder Bakterien mehr im Wein befinden. „Wir wollen ja nicht, dass Flaschen platzen und Korken durch die Gegend fliegen. Doch an diese Dinge denke ich wirklich erst wenn das Jahr 2020 vorbei ist“, sagt Edling.

Diese Artikel sind als Serie im November/Dezember im Darmstädter Echo in redaktionell veränderter Form erschienen