Das Ox im Martinsviertel ist das neue Highlight für Darmstädter Feinschmecker

Der Darmstädter Koch David Rink setzt gerne auf Doppelkonzepte: In seinem Unternehmen Oxalis bietet er Eventcatering und Kochkurse an, sein neues Projekt Ox vereint Feinkost-Bar und Restaurant. Rund 25 Sitzplätze gibt es in der kleinen Location im Martinsviertel, in dem Rink seine Idee von Casual Fine Dining umsetzt. Bei gedämpftem Licht und leisen Jazz-Klängen entsteht eine intime Atmosphäre, die das, was da kommen wird, unterstreicht und stützt. Es darf jetzt schon verraten werden, dass Rink seine Erfahrung in der Sterne-Gastronomie und seine Liebe für hervorragende Grundprodukte hier voll ausspielt.
Brot als Highlight zum Auftakt
Auf der Speisekarte des Ox stehen drei Menüvorschläge mit einer unterschiedlichen Anzahl von Gängen, zu denen man auch jeweils eine Weinempfehlung ergänzen kann. Auch eine Wahl á la carte ist möglich oder eine Auswahl nach Baukastenprinzip. Im hinteren Bereich der Karte finden sich Fisch- und Fleischvariationen, die man zu einem Gericht aus dem vegetarischen Menü kombiniert. Aber aufpassen: Wer gerne den Cut Secreto vom Iberico Bellota haben möchte, sollte vorher anrufen, denn das Fleisch ist nicht immer vorrätig. Standardmäßig wird zu jeder gewählten Kombination ein Starter, ein Amuse Gueule und vor dem Hauptgang eine Erfrischung serviert. Und schon der Auftakt ist ein Highlight: Die Brotvariation, gereicht in einem Jutesäckchen, stammt vom Artisan-Bäcker Kapp. Krosse Kruste, weiches Innenleben, absolute Frische und spannende Kombinationen, wie das mit Sepia gefärbte Cranberry-Brot oder das Tomaten-Walnuss-Brot, machen Lust auf mehr.
Das zitruslastige Amuse Gueule bestand aus einer in Nori gewickelten Fjordforelle, Süßkartoffelhäppchen, gebranntem Lauch und einer geschmacklich kontrastierenden Muskattraube. Die Getränkeauswahl ergänzt das Gastro-Konzept ideal: Bierliebhaber dürfen das exklusiv für das Ox hergestellte Hausbier testen, setzen auf ein obergäriges Ale oder bleiben mit einem Kleinen Hellen von Grohe ganz darmstädterisch. Die offenen Weine werden zu 0,1l ausgeschenkt, der teuerste ist ein Riesling von Peter Jakob Kühn (6,30€), der experimentellste ein kräftiger Sylvaner von Teschke (5,30€). Eine große Flasche Wasser schlägt mit 4,50€ zu Buche.

Den Auftakt zu unserer à la carte-Auswahl bestreiten äußerst delikate Bouchot-Muscheln (13€) in einem würzigen Sud aus ausgelassener mallorquinischer Sobrassada-Wurst mit roter Paprika und Limonenöl. Dass die Köche selbst an den Tisch kommen und das jeweilige Gericht erklären, gibt dem Besuch im Ox eine ganz besonders persönliche Note. Weiter geht es mit dem Zwischengang, der als Gaumen- und Augenschmaus überzeugt: Der confierte Island-Kabeljau (18 €) mit Brandade, Butterschaum, Senfkohl, Zwiebelconfit und Kapstachelbeere ließ in Sachen Aromenvielfalt und Texturen keine Wünsche offen. Allein aufgrund der Portionsgrößen muss man aber sagen, dass, auch wenn 2-Gänge-Menüs angeboten werden, drei Gänge eine empfehlenswerte Wahl sind.
Die Wartezeit vor dem Hauptgang wird mit einer kleinen Geschmacksexplosion versüßt: Die Nocke Kalamansi-Sorbet dient der Neutralisierung und gerät zu einem frischfruchtigen Erlebnis, das den Wunsch nach sofortigem Sommerbeginn aufkommen lässt – und bitteschön einer großen Portion dieser Leckerei. Die geschmorte Rinderschulter vom Black Angus Beef (26 €) ist eine zarte Versuchung in kraftvoller Soße unterstützt von Schwarzwald-Miso, die bunten Wurzeln, Rosenkohl und Cranberries bestechen durch eigenwillige und doch harmonische Aromen, hervorgerufen durch die verschiedenen Zubereitungsarten. Jeder Bissen auf der Gabel bedeutet eine neue Zusammenstellung an Geschmäckern und Aromen.




Kleine Irritationen gibt es im Ox nur als Marginalie. So sollte es für ein Restaurant dieser Kategorie selbstverständlich sein, jeden neuen Wein in einem neuen Glas zu servieren, Wasser und Serviette zum Reinigen der Hände nach einem Pott Muscheln unaufgefordert und zeitnah an den Tisch zu bringen oder auf Nachfrage korrekte Angaben zu den Zutaten zu machen (besonders wenn man diese selbst herausschmeckt, korrigiert wird und dann online nachlesen kann, dass die eigene Zunge doch nicht so verkehrt lag). Das Ox überzeugt in Sachen Kochkunst, Auswahl der Speisen, Präsentation und Wohlfühlfaktor auf ganzer Linie. Die (noch) vorhandenen Schwachstellen im Service können den überaus positiven Gesamteindruck nur minimal schmälern.
Redaktionell verändert veröffentlicht im Darmstädter Echo, Dippegucker, am 16.01.2020
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